Offener Brief

Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und ForstenHerrn
Staatsminister Helmut Brunner
Ludwigstraße
280539 München

Offener Briief


Sehr geehrter Herr Staatsminister Brunner,

in meiner Stellung als Kreisvorsitzende der Imker Rhön-Grabfeld e.V. wende ich mich an Sie in einem offenen Brief:
Bei unseren Imkerinnen und Imkern ist die Schmerzgrenze mittlerweile erreicht, bzw. überschritten.
Wie Sie wissen, ist die Biene der Indikator für ein intaktes Ökosystem. Geht es der Biene schlecht, sieht es auch schlecht mit unserer Umwelt aus. Seit Jahren werden unsere Probleme bei den Bienen immer größer. Das Immunsystem unserer Bienen wird durch die Monokulturen und den Pestizideinsatz immer weiter geschwächt. Die Vermaisung der Landschaft zugunsten der „Bio“-Gasanlagen, und den damit verbunden weiteren negativen Auswirkungen auf die Umwelt geht auch nicht spurlos an unsern Bienen vorbei.

Es bleibt für unsere Bienen als einziges noch der Raps, der im Frühjahr blüht. Und hier kämpfen wir mit den Auswirkungen der Insektizide auf unsere Bienen. Nach dem Raps gibt es nichts mehr für unsere Bienen. Der Nutzen, den unsere Landwirte gerade im Bereich Raps aber haben -denn durch die Bienen steigt der Ertrag um über 10 td pro ha (Quelle: LFL Förderung der Bienenhaltung) -, wird gerne in Kauf genommen. Jeder hat Vorteile durch die Bienen und die Arbeit der Imker, jeder einen Mehrertrag nur die Imker schauen in leere Honigtöpfe.

Durch die häufige Mahd der Wiesen ist aus den blühenden Wiesen reines „Grünland“ geworden. Dies alles zu Gunsten der konventionellen Landwirtschaft. Die spärlichen Randstreifen die manche Landwirte als Alibi um ihre Felder anlegen reichen unseren Bienen bei weitem nicht. Unsere Bienen brauchen Blühflächen und zwar flächendeckend!

Sehr geehrter Herr Brunner, wir Imker haben keine Möglichkeit auf die Landwirtschaft einzuwirken. Das können nur Sie.

Oder sollen wir die verbleibenden Blühflächen in ganz Deutschland suchen und hinterher fahren? Oder wollen Sie, dass wie in den USA – ich verweise auf den Film More than Honey – wir unsere Bienen erst zur Obstblüte, dann zum Raps fahren? Doch wo sollen wir nach dem Raps hin? Denn dann blüht fast nichts mehr.

Dies wäre nicht gesund für die Bienen, es wäre für den Imker unzumutbar und es wäre ganz bestimmt nicht nachhaltig.

Seit zwei Wochen müssen wir unsere Bienen füttern!!! Das war früher undenkbar!

Die ersten Völker sind bereits verhungert. Und das mitten im Sommer, wo unsere Bienen eigentlich genug Nektar in der Landschaft finden sollten. Durch den kalten Frühling haben die meisten Imker fast keinen Honig geerntet und müssen jetzt das wenige, das sie geerntet haben wieder ihren Bienen füttern. Hinzu kommt, dass die Institute bereits vor hohen Völkerverlusten durch die Varroa-Milbe warnen. Als neuer Schädling steht der kleine Beutenkäfer vor der Türe. Dieser hat bereits in Italien für enorme Ausfälle gesorgt. Es ist eine Frage der Zeit, bis er über die Alpen kommt und sich dann auch in Deutschland ausbreiten wird. Von Frankreich kommt die Vespa Valutina – die asiatische Hornisse -. Die ersten sind bereits in Baden Württemberg gesichtet worden.

Schaut man sich die Probleme im Bereich Milch an, wird hier sofort von einer „Milchkrise“ berichtet, es werden Fördertöpfe aufgetan, dabei ist diese Krise durch Überproduktion selbst verschuldet. Gibt es Probleme mit „großen“ Tieren – hier Kühe, gibt es sofort einen großen Aufschrei. Stirbt ein Bienenvolk, stirbt es leise und unbemerkt. Der Imker steht traurig vor seinem toten Volk. Die Bevölkerung bemerkt nichts. Evtl. fällt mal eine Bemerkung vom Nachbar: „Diese Jahr habe ich aber keine Bienen in meinem Kirschbaum gesehen.“

Alle Bereiche der Landwirtschaft erhalten Entschädigungen, entweder war es zu trocken, zu nass, zu heiß oder zu kalt. Nur wir Imker müssen sehen, wie wir klar kommen. Schließlich ist das ganze ja nur ein „Hobby“.

Es ist die Aufgabe des Staates, die Bestäubungsleistung sicherzustellen (vgl. Art. 3 Abs. 2 BayVerf). Diese Bestäubungsleistung wird durch uns Imker kostenlos sichergestellt. Durch unseren Idealismus hat die restliche Landwirtschaft einen Mehrertrag in Deutschland von ca. 4 Mrd. Euro (Quelle: LfL Förderung der Bienenhaltung). Dieses Geld erhalten andere. Wir bekommen davon keinen Cent.

Sehr geehrter Herr Staatsminister Brunner, haben Sie sich schon Gedanken gemacht, wie Bayern ohne – oder mit weniger Bienen aussieht? Die Ernteausfälle in der Landwirtschaft, im Gemüse- und Obstanbau, und auch für die Hobbygärtner wären enorm. Wir müssten für mindestens 4 Mrd. Euro zusätzlich landwirtschaftliche Produkte importieren, die wir eigentlich selbst produzieren könnten. Honig können wir importieren – die Bestäubungsleistung unserer Bienen nicht. Oder wollen Sie, dass wie in einigen Teilen Chinas per Hand unsere Obstbäume bestäubt werden? Wo ist da die Nachhaltigkeit?

Auch bei den Zuschüssen fehlt der Gedanke der Nachhaltigkeit. Sie reichen nicht im Mindesten und werden offenbar in Ihrem Haus als Bagatellförderung angesehen, die man abschaffen müsste.

Erlauben Sie mir ein Beispiel: Das Bürokratie-Monster Varroa-Mittel-Förderung. Die letzten Jahre waren in den Imkervereinen die Ortsvorsitzende und die Kreisvorsitzenden, die Veterinärämter und das LfL beschäftigt seitenweise Formulare auszufüllen, damit die Imker einen kleinen Zuschuss erhalten. Pro Jahr sind das 200.000 € für ganz Bayern. Bei 100.000 Imkern in Bayern sind das ca. 2 € pro Imker! Aber auch dieser Betrag wird gekürzt.

Die Auflagen für die Imker werden immer höher, egal ob bei Berufsgenossenschaft, oder im Steuerrecht. Es treffen uns alle behördlichen Auflagen der Landwirtschaft, aber bei den Förderungen gehen wir leer aus. Da gehören wir plötzlich nicht mehr zur Landwirtschaft dazu.

Viele Imker sind resigniert und wollen aufhören, bzw. haben bereits aufgehört. Die Imker mit den großen Völkerzahlen sind meist über 70 Jahre alt und werden in den nächsten Jahren auch aufhören. Jungimker halten sich 2 – 3 Völker für den Garten, wobei die Zahl der Jungimker auch zurückgehen wird, da die Förderung der Vereine für die Ausbildung der Jungimker auch halbiert wurde, und somit für die Vereine nicht mehr kostendeckend ist. Die Ausbildung der Jungimker wird von ehrenamtlichen Fachwarten durchgeführt, die ihre eigene Ausbildung auch selbst finanzieren, mindestens einmal im Jahr eine Weiterbildung besuchen müssen und die Kosten dafür auch noch selbst tragen. Die Förderung für die Ausbildung der Fachwarte wurde nämlich auch gestrichen.

Auf lange Sicht wird die „kostenlose Staatsleistung“ – nämlich die Bestäubungsleistung - die wir Erbringen nicht mehr sichergestellt sein. Was wollen Sie dann machen?

Die Zeit der Sonntagsreden ist vorbei. Es wird Zeit dass Sie endlich handeln. Oder wollen Sie warten bis es zu spät ist?
Deshalb fordern wir:

  • Übernahme der kompletten Varroa-Mittel-Kosten

  • Entschädigung für Ernteausfälle

  • Bestäubungsprämie pro Volk in Höhe von mindesten 50 €

  • Kostenübernahme für die Ausbildung der Fachwarte

  • Erhöhung der Zuschüsse für die Imkervereine, welche die Ausbildung übernehmen

  • Verpflichtung der konventionellen Landwirtschaft, mindestens 10 % ihrer Fläche mit insektenfreundlichen Blühmischungen anzupflanzen

  • Statt Mais – Blühmischungen für die Biogasanlagen

  • Ermäßigung in der Berufsgenossenschaft

  • Steuervergünstigung für Imker

  • Komplette Übernahme der Zertifizierungskosten für Bio-Imker


Mit imkerlichen Grüßen

Annette Seehaus-Arnold
Kreisvorsitzende

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