Pestizide, die unterschätzte Gefahr?
Als Vorsitzender der BUND Naturschutz Kreisgruppe Rhön-Grabfeld führte Helmut Bär durch die Veranstaltung. Durch sein diplomatisches Fingerspitzengefühl blieben die Diskussionen zum Einsatz von Pestiziden auf sachlicher Ebene. Er machte zwar die ablehnende Haltung des Bund Naturschutz zum Pestizideinsatz unmissverständlich klar, dennoch betonte, er dass die Veranstaltung nicht dazu diene, Personen bzw. Personengruppen an den Pranger zu stellen.
Vortrag: "Pestizide, die unterschätzte Gefahr?"
Stichpunkte des Vortrags
Der Anstieg der Pestizide in den letzten 10 Jahren beträgt 33,5 %. Es werden 46.326 Tonnen jährlich ausgebracht.
Einsatz der Pestizide:
- Größter Teil: Landwirtschaft, hier wird teilweise bis 16 x gespritzt (Kartoffel, Raps)
- Zur Erntebeschleunigung bzw. gleichmäßiger Reifung
- Starker Anstieg von Herbiziden und Insektiziden
- Neonikotinoide 7.000 x gefährlicher als DDT
- oft Verzicht auf Fruchtfolge
- Pflegeintensive Kulturen
Forstwirtschaft: Weniger Einsatz von Pestiziden als in der Landwirtschaft
- Problem: Mäusegift: gefährlich für Nahrungskette (Greifvögel)
- Problem: Kiefernspanner
- Neuerdings auch in waldnahen Bereich
- Spritzen wegen Eigenprozessionsspinner
- BT: tötet alle Schmetterlingsraupen
Kommunen und Kleingärten:
- Verstärkt in den letzten Jahren
- Rundversorgungsmentalität in Haus und Garten
- Verbot auf Nichtkultur und versiegelten Flächen
- ALTERNATIVE: „Die pestizidfreie Kommune“
Pflanzenschutzgesetz und Mängel:
- Sind alle Genehmigungspflichtig
- Kontrolle: Länder
- § 9: Sachkundenachweis für gewerbliche Anwender und Händler
- § 12: nicht auf befestigten Freiflächen und Nichtkulturen (Außenanlagen bei Behörden – Land)
- §13: Pflanzenschutz darf nicht angewendet werden bei schädliche Auswirkung auf Mensch, Tier, Grundwasser
- § 18/3 84) Genehmigung erfolgt, wenn keine Auswirkungen auf Gesundheit nachgewiesen werden
Mängel:
- Kombinationswirkung bei Zulassung nicht berücksichtigt, aber enorm wichtig
- Subletale Wirkungen unzureichend untersucht
- Unzureichende Untersuchungen auf sog. Nichtzielorganismen
- Industrie forscht für die Zulassung selbst und reicht die Unterlagen ein, danach Geheimhaltung der Zulassungsunterlagen
UBA (Umweltbundesamt):
- Verdeckte Feldbeobachtung: 50 % Falsch- und Fehlanwendung in der Landwirtschaft
- Mehrfache Applikationen von Pestiziden während einer Fruchtperiode
- Kaum Kontrollen
- Pestizidschwarzhandel aus China ( bis 20 %)
Glyphosat:
- Europaweit im Urin
- 70 % aller Proben in Deutschland belastet – Platz 2 (1. Platz: Malta)
- Starker Wasserschadstoff
- Schädigt Krümelstruktur des Bodens
- Tötet Darmbakterien bei Rindern (Bodulismus)
- Nahrungsmangel in der Agrarlandschaft bei Bienen und Vögel (Wildkräuter)
Wissenschaftliche Studien:
- Uni Koblenz – London 2012
- Störung des Ökosystems
- Selbstreinigung der Gewässer verschwindet
- Uni Koblenz – London 2013
- Unzureichende Bewertungsmodelle
- Fledermäuse nicht berücksichtigt – Obstplantagen
- Rückgang von Vögel, Europaweites Vogelsterben
- Extrem beim Rebhuhn: 2005 – 2009: Rückgang 80 %
- Amphibien (2013): tötet 20 – 100 % der Alttiere, Alttiere werden nicht mit einbezogen
- 2013: Cocktailwirkung, Uni London
- Immunsystem der Amphibien wird stark geschädigt
- 2013: Maryland USA
- Von 19 Pollenproben: 21 verschiedene Pestizide
- Antimilbenmittel schaukeln die Wirkung hoch (Varroa-Mittel!)
- Neonicotinoide töten Insekten
- Michael Henry (2012) : Störung der Orientierung
- Menzel Berlin (2014) „innere“ Landkarte gestört
- Michael Otto-Institut
- Vögel auf Feldern: Nahrungskette stark geschädigt
Metastudie 2014:
- Neonikotinoide langlebiger als gedacht
- Abbauprozess gefährlicher als gedacht
Statements verschiedener Interessenvertreter
Diskussionen zum Thema
Zahlreiche Gäste nutzten die Gelegenheit und nahmen an der Diskussion rund um das Thema Pestizide teil.
Der Kreisverband bedankt sich für das große Interesse an der Veranstaltung. Der Dank geht insbesondere an die verschiedenen Interessenvertreter, da sie ihre Anliegen sachlich vortrugen. Schließlich ist gerade bei diesem Thema ein gegenseitiges Verständnis ein erster Schritt, um die Problematik des Einsatzes von Pestiziden zu entschärfen.
(d.s.)